„Im Grunde genommen handelt es sich bei der diesseitigen Gesellschaftsreligion um eine herrschaftsstrategische Instrumentalisierung der seelischen und metaphysischen Verzweiflung der Menschen, die durch den Verlust der echten Religion eingetreten ist. Nietzsches Gott ist tot und Kierkegaards Krankheit zum Tode waren ja nicht zuletzt auch Schmerzensschreie der auf sich selbst zurückgeworfenen Kreatur und markierten die Eiseskälte der tatsächlichen oder imaginären Gottesferne.
Diese Verzweiflung läßt sich prächtig zu Herrschaftszwecken nutzen und mißbrauchen, wenn man einen „neuen“ Gott (die Gesellschaft) aufbaut und neue Ritualisierungen erfindet, welche der Glaubensgemeinschaft Wärme und Heilsgewißheit versprechen – unter der Führung kundiger und charismatischer Neupriester natürlich.“
(Roland Baader, Totgedacht – Warum Intellektuelle unsere Welt zerstören, Seite 247-248)