11. September, ein Insider packt aus …

von Yahya ibn Rainer

Wenn man hier in Deutschland als Nichtmuslim den Entschluss trifft den Islam anzunehmen, dann gibt es vielerlei Hürden und Bedenken die sich der Realisierung dieses Vorhabens in den Weg stellen können (wobei die meisten sicherlich Einflüsterungen sind). Speziell wenn man den sogenannten ‚Salafismus‘ für den wahren Weg auserkoren hat, gibt es im Kopf eines manchen Konvertierungswilligen ein besonderes Gedankenspiel: „Hoffentlich halten mich die Leute in der Moschee nicht für einen Spitzel!“

Diese Befürchtung ist natürlich vollkommen unbegründet, das allerdings merkt der Konvertit erst später, wenn die Gemeinschaft ihn aufgenommen hat. Aber diese Befürchtung ist eine Realität, was mir schon von mehreren Brüdern bestätigt wurde.

Jetzt stellt euch mal vor, ihr geht als Konvertierungswilliger nicht in irgendeine Moschee, sondern in die wohl am meisten beobachtete und bespitzelte Moschee Deutschlands, nämlich in die sogenannte „Terror-Moschee vom 11. September“, wo bereits die mutmaßlichen Köpfe der Hamburger Zelle gebetet haben. Das war nämlich bei mir der Fall.

Grund für diese Wahl war nicht etwa meine Neugierde auf die dortigen (angeblich so radikalen und gefährlichen) Islamisten, sondern der Ratschlag eines bekannten deutschen Predigers, mit dem ich zuvor, Ende 2006, telefonierte. Er selbst war kürzlich erst in Hamburg gewesen und wusste auf meine Frage, welche Moschee in Hamburg ich denn aufsuchen solle, nur diese eine Moschee zu empfehlen.

„Das ist die einzige Moschee in Hamburg mit Salafi-Aqidah“, meinte er „eine andere ist mir nicht bekannt.“ Jedoch gab er mir diesen Ratschlag nicht, ohne mich auch vorher gewarnt zu haben. „Aber wenn du da hingehst, dann musst du auch damit rechnen beobachtet zu werden. Überleg dir das gut!“

Das tat ich dann auch. Von diesem Telefonat an dauerte es noch knapp 5 Monate, bis ich tatsächlich den Mut aufbrachte und in diese Moschee marschierte. Aber das war noch nicht alles. Die beiden Brüder, die sich mir annahmen, mir vor dem Glaubensbekenntnis noch einmal den Tauhid (islamischen Monotheismus) und die Stellung des Propheten erklärten und dann Zeugen meiner Schahada wurden, waren (wie ich allerdings erst später erfahren habe) auch nicht ohne.

Der eine konnte erst kurz zuvor eine Auslieferung nach Spanien abwenden, weil er dort für die Madrider Anschläge verantwortlich gemacht wurde und der andere war engst befreundet gewesen mit Teilen der sogenannten Hamburger Zelle. Beide sind mir bis zum heutigen Tage ganz besonders wichtige und enge Brüder und wertvolle Ratschlaggeber.

Warum erzähle ich das alles?

Ich will nicht damit posen oder ähnliches, es ist jedoch wichtig um meine Sichtweise auf den 11. September zu veranschaulichen. Natürlich habe ich nicht gleich zu Anfang in der Moschee über 9/11 geredet und gefragt, denn diese Befürchtung, die bereits oben Erwähnung fand, war natürlich auch bei mir präsent. Da kommt ein fremder Deutscher in die Moschee, nimmt den Islam an und beginnt sofort Fragen über 9/11 zu stellen. So etwas geht einfach nicht.

Komischerweise verlor ich mit der Zeit immer mehr das Interesse an dieser Thematik und bemerkte auch das Desinteresse der meisten regelmäßigen Besucher in der Moschee. Es war keine Art von Totschweigen oder Dichthalten, sondern klar erkennbar ein explizites Desinteresse. Der Grund für dieses Desinteresse wird nachvollziehbar, wenn man sich bemüht aufrichtig und wahrhaftig zu handeln und zu reden und seine Zeit nicht zu verschwenden.

Wo andere Leute sich mit Verschwörungstheorien beschäftigen oder voller Gewissheit von einer gelungenen Operation schwadronieren, da halten sich andere nämlich zurück, weil es sich in beiden Fällen um reine Spekulation handelt. Meine knapp 4jährige Erfahrung in der sogenannten Terror-Moschee hat nämlich eines ganz klar ergeben, niemand weiß genaues.

Brüder, die sowohl Mohamed Atta, als auch andere Mitglieder dieser sogenannten Hamburger Zelle sehr gut kannten, ja sogar engst mit ihnen befreundet waren, sind selber absolut ratlos über die Vorgänge des 11. September. Einige wenige klammern sich an die gängigen Theorien des Inside-Jobs, andere halten diese Theorien für lächerlich und schliessen eine erfolgreiche Operation von Muslimen nicht aus. Aber mit Gewissheit, also mit Wissen und bestem Gewissen, ist niemand in der Lage eine Aussage zu tätigen. Deshalb verschwenden sie weder Zeit noch Energie in diese Sache, halten sich fern vom Spekulieren und Verbreiten unsicherer Informationen und nehmen sich der Angelegenheiten an die sich in ihrem Einflussbereich befinden, nämlich solche in der Gegenwart und Zukunft.

Was passiert, wenn man sich zu sehr in diesem Milieu von einschlägigen Wahrheitsbewegungen und sogenannten Infokriegern bewegt, konnte ich am Beispiel einiger Brüder recht gut beobachten. Viele tauchen leider sehr tief in diese Erklärungsmuster ein, wo fast alle großen Skandale, Tragödien und Anschläge das Ziel von Spekulationen werden. Die ganze Welt besteht für sie nur noch aus Inside-Jobs, fingierten Ereignissen und großen Lügen. Sie leben in einer Art Parallelwelt, wo SIE – die ominöse weltliche Allmacht – alle Strippen ziehen, Chips implantieren, Psychogifte unterschieben und das gesamte Weltgeschehen nach einem festen Plan lenken.

Ich persönlich kenne Brüder die durch solche Hirngespinste einen wahren Verfolgungswahn entwickelten und sogar begannen Zeichen zu sehen und Stimmen zu hören. Ebenso tragisch ist auch der Umstand, dass solcherlei Verschwörungen sich fast ausschließlich auf die USA und ihre Führung beziehen und somit natürlich ein hervorragendes Mittel für die Interessen anderer Staaten darstellen. So ist zu beobachten, dass z.B. russische, iranische und syrische Staatsmedien, teils offen teils verdeckt, sich als Quellen für dieses Milieu anbiedern und auch direkt und indirekt Werbung dafür machen.

Aber auch die unreflektierte Behauptung, die Anschläge vom 11. September wären ganz klar das Resultat der Planungen und Handlungen der sogenannten Hamburger Zelle, also mit absoluter Gewissheit eine erfolgreiche und unabhängige Operation dieser Muslime, halte ich für tragisch, denn es befinden sich ja bis zum heutigen Zeitpunkt Muslime in Gefangenschaft, die wegen eben diesen Anschlägen eingekerkert wurden. Speziell von Abdelghani Mzoudi und Mounir al-Motassadeq ist mir bekannt, dass sie, trotz ihrer angeblichen Partizipation an der Hamburger Zelle, die offizielle Version der Vorkommnisse als unwahr bezeichnen und jedwede Schuld abstreiten. Wer sind wir denn, wenn wir diesen Brüdern, die hautnah dran waren, mit unserem spekulativen Wissen in den Rücken fallen?

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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