„Ich zweifle, daß man unser Jahrhundert verstehen kann, wenn man sich nicht eingehend mit dieser Tatsache beschäftigt. Denn eben hier liegt sein Problem. Wenn es von seinem Niedergang überzeugt wäre, fühlte es sich anderen Epochen unterlegen, das heißt, es schätzte und bewunderte sie und verehrte die Prinzipien, die jene formten. Es hätte klare, feste Ideale, wenn es auch unfähig wäre, sie zu verwirklichen.
Statt dessen leben wir in einer Zeit, die gewaltige Kräfte in sich spürt und nicht weiß, was sie damit machen soll. Sie beherrscht die Welt, aber sich selbst nicht. Sie fühlt sich verloren in ihrem eigenen Überfluß. Mit mehr Mitteln, größerem Wissen, ausgebildeterer Technik ist die gegenwärtige Generation unseliger als alle vergangenen, allen Winden preisgegeben.
Daher der wunderliche Zwiespalt zwischen Machtgefühl und Unsicherheit, der in der zeitgenössischen Seele haust.“
(José Ortega y Gasset, Der Aufstand der Massen, 1930, Seite 42)