„Es gibt Nationen, bei welchen die Leidenschaft, andere zu beherrschen, das Verlangen nach persönlicher Unabhängigkeit so sehr überwiegt, daß sie für den bloßen Schatten von Befriedigung der ersteren das letztere ganz und gar zu opfern bereit sind. Jeder einzelne aus ihrer Mitte zeigt sich willig, wie der gemeine Soldat einer Armee, auf seine persönliche Freiheit des Handelns zu Händen seines Generals zu verzichten, vorausgesetzt nur, daß das Heer zu Siegen und Triumphen geführt wird, und er sich schmeicheln kann, einer von den Siegern zu sein, obgleich die Vorstellung, daß er selbst an der Herrschaft über die Besiegten irgendeinen Teil hat, eine bloße Täuschung ist […]
Nach dieser Auffassung können die Inhaber der Staatsgewalt in der Ausdehnung ihres Wirkungskreises kaum zu weit gehen, wenn nur diese Gewalt selbst der allgemeinen Bewerbung offen steht.
Ein Durchschnittsindividuum aus seiner Mitte zieht eine noch so entfernte und unsichere Aussicht, einen Bruchteil von Herrschaft über seine Mitbürger ausüben zu können, der Gewißheit vor, daß ihm und anderen jede unnötige Beeinflussung durch die Regierungsgewalt erspart bleiben wird. – Es sind dies die Elemente eines Volkes von Stellenjägern, dessen politisches Leben hauptsächlich durch das Haschen nach Ämtern bestimmt ist, das sich nur um Gleichheit, nicht um Freiheit kümmert, bei dem die Kämpfe politischer Parteien immer nur über die Frage zu entscheiden haben, ob die Macht, sich in alles einzumischen, der einen oder der anderen Klasse, vielleicht nur der einen oder der anderen Gruppe von Politikern zufallen soll, und bei dem die wachsende Volksmäßigkeit der Institutionen nur die Folge hat, die Zahl der neugeschaffenen Stellen ins Unermeßliche zu steigern, und dem Zuvielregieren aller über jeden einzelnen und der Exekutive über alle eine immer monströsere Ausdehnung zu geben.“
(John Stuart Mill, Betrachtungen über Repräsentativ-Regierung, 1873, Kapitel IV.)