Buchauszug: Bertrand de Jouvenel – Das muselmanische Wassergesetz

„Wenn der Überfluß eines Gutes für seine Unentgeltlichkeit verantwortlich ist, so folgt daraus, daß es unter Umständen sehr wohl in die Kategorie der ökonomischen Güter eintreten kann. Der Satz „Ich verkaufe Ihnen ein Pfund Eis“ würde einen Eskimo zum Lachen bringen – für einen Menschen am Äquator würde er ein akzeptables Anliegen ausdrücken.

Während der Geschichte unserer westlichen Gesellschaften sind die Bäume aus der Klasse der „unentgeltlichen Güter“ in die der „ökonomischen Güter“ übergetreten. Ein Stück Bauholz erhielt einst einen Preis ausschließlich aus der Arbeit, die in es eingegangen war: die Bäume konnten umsonst gefällt werden. Die Gewohnheit, daß Bäume schon verkauft werden, bevor sie geschlagen sind, hat sich nicht ohne Schwierigkeiten durchgesetzt.

Nicht nur die Tatsache, daß ein natürliches Gut im Überfluß vorhanden ist, steht seinem Verkauf entgegen. Es wird auch das Gefühl wirksam, daß es zwar legitim ist, für seine Arbeit und seinen Schweiß eine Belohnung zu erhalten, daß dies aber bei einer „Gabe Gottes“ weniger angebracht sei. Dieses Gefühl tritt deutlich im muselmanischen Wassergesetz zutage, das auch im Falle äußerster Wassernot entsprechend dem Koran den Verkauf von Wasser untersagt.“

(Prof. Bertrand de Jouvenel, Über Souveränität – Auf der Suche nach dem Gemeinwohl, Seite 17-18)

 

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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