„Ein während zweier oder dreier Generationen entwickeltes legislatives Delirium, das die öffentliche Meinung daran gewöhnt hat, fundamentale Regeln und Vorstellungen als jederzeit modifizierbar zu betrachten, schafft eine für den Despotismus günstige Situation.
Das veränderliche Recht ist das Spielzeug, das Instrument der Leidenschaften. Trägt eine Woge den Despoten an die Macht, so kann er auf die phantastischste Weise deformieren, was schon jetzt keine bestimmte Form mehr besitzt. Da es keine unverletzlichen Wahrheiten mehr gibt, vermag er dem Volk die seinen aufzuzwingen. Er wird eine Art ‚Stoffwechselkreislauf‘ installieren, in dem er die Bürger mit Ideen füttert, die sie ihm in Form des ‚Gemeinwillens‘ zurückgeben. Dieser Gemeinwille ist der Nährboden, auf dem Gesetze gedeihen, die göttlichen und Menschlichen Geist vermissen lassen.
Das Recht hat seine Seele verloren und ist bestialisch geworden.“
(Bertrand de Jouvenel, Über die Staatsgewalt – Die Naturgeschichte ihres Wachstums, Seite 375 / Hervorhebungen durch Unterstrich sind von mir)