«Viele der rechtgeleiteten Kalifen und der orthodoxen Imame haben sich verliebt. Wenn die Muslime den Kalifen gegenüber nicht unbedingte Verpflichtungen hätten und es mir nicht ausschließlich obläge, solche Geschichten von ihnen zu erzählen, die Besonnenheit und Glaubenseifer verraten, und wenn es sich hier nicht eben um Dinge handelte, die sie in der Einsamkeit ihrer Schlösser im Kreise ihrer Familien erlebt haben, so dass ihre Wiedergabe unziemlich wäre, dann würde ich nicht wenige einschlägige Geschichten von ihnen anführen. Von den bedeutenden Männern ihrer Umgebung und den Trägern ihres Reiches aber haben sich so viele verliebt, daß es unmöglich wäre, sie aufzuzählen.
Unter den Frommen und Rechtsgelehrten vergangener Jahrhunderte und alter Zeiten hat es Leute gegeben, deren Liebesgedichte so bekannt sind, daß sich ihre Nennung erübrigt. Von `Ubaidallah ibn Mas’ud, der einer von den sieben großen Rechtsgelehrten Medinas war, sind genug Liebesgeschichten und Verse auf uns gekommen. Von Ibn ʿAbbas wird eine Rechtsentscheidung überliefert, die alle anderen überflüssig macht und die da lautet:
,Dieser ist ein Märtyrer der Liebe. Für ihn gibt es kein Blutgeld und keine Blutrache.‘»
(Abū Muhammad `Alī Ibn Hazm, ṭauq al-ḥamāma fī l-ulfa wa-l-ullāf, Übersetzung von Max Weisweiler, Das Halsband der Taube – Von der Liebe und den Liebenden, Reclam Verlag, Seite 8)