Bereits im August 2015 wies ich an dieser Stelle auf die Muqaddima von Ibn Khaldun hin, Bezug nehmend auf seine Darlegung der Arbeitsteilung, welche vieles von dem voraus nahm, was etwa 400 Jahre später Adam Smith publizierte und ihm den Titel eines Aufklärers und des Begründers der klassischen Nationalökonomie und der Freien Marktwirtschaft einbrachte. Hier nun ein weiterer Auszug aus Ibn Khalduns Muqaddima, diesmal Bezug nehmend auf die Wichtigkeit der Arbeitsteilung für die Erwirtschaftung eines Überschusses, was als Grundlage für einen prosperierenden Handel und allgemeinen Wohlstand und Reichtum betrachtet wird.
«Je nach Größe ihrer Bevölkerung unterscheiden sich die Städte und Ortschaften in· der Vermögenslage ihrer Bewohner sowie in der Prosperität ihrer Märkte.
Die Ursache hierfür liegt darin, dass, wie bekannt und erwiesen ist, der einzelne Mensch allein die Bedürfnisse seines Lebensunterhaltes nicht decken kann und dass die Menschen zu diesem Zweck in ihrer Zivilisation zusammenarbeiten.
Doch was mehrere Menschen durch ihr Zusammenwirken erreichen können, beträgt ein Vielfaches des (zum Leben) Notwendigen für eine viel größere Anzahl von Menschen. So kann z. B. der einzelne seinen Bedarf an Weizen, den er als Nahrung benötigt, nicht allein erzeugen.
Doch wenn sich nun sechs oder zehn Leute daran beteiligen – ein Schmied und ein Zimmermann für die Werkzeuge, jemand, der die Rinder aufzieht, andere, die die Erde pflügen, Ähren abernten und alle anderen Mühen der Landwirtschaft meistern – und wenn sie diese Arbeiten untereinander verteilen oder gemeinsam ausführen, dann schaffen sie durch ihr Wirken so viel an Nahrung, dass diese Nahrung für eine vielfache Menge von ihnen selbst ausreicht.
Gemeinschaftliche Arbeit geht somit über die Bedürfnisse der Arbeitenden und das für sie (zum Leben) notwendige Maß hinaus. Wenn alle Arbeiten der Bewohner einer Ortschaft oder Stadt entsprechend den notwendigen Dingen und Bedürfnissen verteilt werden, genügt ein Minimum jener Arbeiten. Das Arbeitsvermögen kann folglich mehr als das Lebensnotwendige erbringen. Diese überschüssige Kraft wird für luxuriöse Lebensverhältnisse und die damit verbundenen Gepflogenheiten sowie für jene Dinge, die die Bewohner anderer großer Städte brauchen, aufgewendet. Deren Bewohner beschaffen sich die Dinge von ihnen durch Tausch oder Kauf mit Bargeld. Hierdurch gelangen sie zu einem gewissen Reichtum.»
(Ibn Khaldun, Buch der Beispiele – Die Einführung/al-Muqaddima, übersetzt von Mathias Pätzold, Seite 183-184)