von Yahya ibn Rainer
Es gibt in dieser angespannten und emotional aufgeladenen Situation (Aleppo betreffend) zahlreiche Geschwister, die sich selbst, den Herrschern und Politikern und sogar der gesamten Ummah die Schuld dafür zuweisen, dass dies geschehen konnte.
In diesem Zusammenhang wird bspw. gesagt „Hätte Erdogan dies oder jenes getan, … „ oder „Aber wenn wir (die Umma) dieses oder jenes getan hätten, … „ oder „Hätte Saudi Arabien (oder jedes andere Land) dieses oder jenes getan, … „
„… dann wäre das nicht passiert.“
Wa Allahu 3alem, aber ich denke, dass es für einen Muslim nicht statthaft ist, die Vergangenheit betreffend „aber wenn“ oder „hätte/n ich/wir/sie“ zu sagen.
Sobald ein Ereignis eingetroffen ist, haben wir keinen Zweifel daran, dass es Allahs Wille war und Er es so hat geschehen lassen. Und egal was die Menschen auch versuchen zu tun, die Vorbestimmung können wir nicht ändern, es sei denn (sofern ich korrekt informiert bin) durch aufrichtige Bittgebete.
Was also geschehen ist, wäre auch geschehen, wenn wir alle anders hätten handeln können. Wer tatsächlich die Mittel gehabt hat, die jetzige Situation zu verhindern bzw. zu mildern, das weiß Allah am besten, und wer diese Mittel absichtlich/mutwillig vergehen ließ, wird sicher zur Rechenschaft gezogen.
Es gibt zu diesem Thema zahlreiche Fatawa und diese Sache gehört zu den Angelegenheit der Aqidah.
Allah sagt bspw. im Quran (sinngemäß):
«O ihr, die ihr glaubt, seid nicht gleich den Ungläubigen, die da sprechen von ihren Brüdern, als sie das Land durchwanderten oder Streiter waren: „Wären sie bei uns geblieben, wären sie nicht gestorben und nicht erschlagen worden.“ Allah bestimmte dies als Kummer für ihre Herzen. Und Allah macht lebendig und läßt sterben, und Allah durchschaut euer Tun.»
3:156
Und:
«Es geschieht kein Unheil auf Erden oder an euch, das nicht in einem Buch (verzeichnet) wäre, bevor Wir es ins Dasein rufen wahrlich, das ist für Allah ein leichtes.»
57:22
Und:
«Kein Unglück trifft ein, es sei denn mit Allahs Erlaubnis. Und wer an Allah glaubt, dem leitet Er sein Herz. Und Allah weiß alle Dinge.»
64:11
Und der Gesandte Allahs – Allah segne ihn und schenke ihm Heil – sagte:
“Der starke Gläubige (Mu`min) ist Allah lieber als der schwache Gläubige (Mu`min); in jedem ist jedoch Gutes vorhanden. Halte dich fest an das, was dir nützt, flehe Allah um Hilfe an und gib nicht auf! Sollte dir etwas zustoßen, dann sage nicht “Hätte ich nur dies und das getan!” Aber du sollst sagen, “Allah hat es bestimmt und Sein Wille geschieht”, denn “Hätte” öffnet nur dem Satan die Tür.”
(Sahih Muslim, Hadith Nr. 2664)
Die folgenden Links sind lediglich das Resultat einer Googlesuche und sollen nur als Beispiel gelten. Bitte informiert euch auch bei Gelehrten eures Vertrauens:
السلام عليكم
Wie immer muss auch hier unterschieden werden. Der Hadith, der vor dem „wäre/hätte ich“ warnt, war ein persönlicher Rat und bezieht sich auf rein weltliche, die kosmische Bestimmung implizit leugnende Erwägungen, aus denen man auch für die Zukunft nichts lernen kann, z.B.: „Wäre ich an dem und dem Morgen zwei Minuten später hinausgegangen, wäre der Fahrradunfall nicht passiert.“
Es ist aber durchaus statthaft und pflichtgemäß zu sagen: „Hätten XY sich an das Sendschreiben Gottes gehalten, wären sie von Gott nicht bestraft worden.“ Das lässt sich an vielen Versen des Ehrwürdigen Koran erkennen bzw. ableiten, z.B. an der Uhud-Geschichte und an der Geschichte aller zugrunde gerichteten Völker.
Gäbe es ein totales wäre/hätte-Verbot, könnte man aus seinen Fehlern und der Menschheitsgeschichte nie lernen. Vielleicht hat dieses Missverständnis mancher Muslime mitbegünstigt, dass die Araber sich überhaupt in das Revolutionenchaos hineingestürzt haben.