Weshalb Islamverbände und Moscheegemeinden im Kampf gegen den „Salafismus“ schlecht aussehen

von Yahya ibn Rainer

Einer der Gründe, weshalb Islamverbände und Moscheegemeinden in Deutschland beim Kampf gegen den „Salafismus“ so offensichtlich scheitern, ist der Tatsache geschuldet, dass sie sich zwar mittlerweile am öffentlichen Diskurs zum Thema beteiligen, dieses aber oft unfreiwillig und nur aufgrund einer immensen Drohkulisse tun.

Speziell Moscheevereine sind hierzulande einem gewaltigen gesellschaftlichen und staatlichen Druck ausgeliefert. Im Kampf um Anerkennung und im Bestreben als friedlich und integriert zu gelten, organisiert man sich zähneknirschend in staatlich hofierten Verbänden, unterwirft sich dabei nicht selten den großen etablierten Playern im Islamverbands-Business und schüttelt sich unter dieser organisierten Haube die benötigten Ressourcen aus dem Ärmel, um hier und dort geübte Rhetoriker und als Muslime getarnte Politiker in öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzte Veranstaltungen zu delegieren.

Eine reale Auseinandersetzung in den einzelnen Gemeinden findet damit noch lange nicht statt und hierzu gibt es auch gar nicht die geeigneten Kompetenzen. Des Weiteren verhindert dieser erfolgreich aufgebaute Druck durch Politik und exekutive Staatsgewalt auch eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Menschen, die sich hinter der Wortschöpfung „Salafismus“ befinden.  Ein innerislamischer Dialog, sofern daran auch sogenannte „Salafisten“ teilnehmen, wird mit drastischen Mitteln der staatlichen Repression verhindert.

Eine direkte öffentliche Aussprache mit den hiesigen Autoritäten des „Salafismus“ wird aber nicht nur staatlich verhindert, sondern von den Verantwortlichen in den Moschee-Vorständen auch sehr gefürchtet. Denn neben dem Vorwurf, man würde den „Salafisten“ damit eine Plattform bieten, würden sich viele Gemeinden auch einer anderen großen Gefahr ausgesetzt sehen, nämlich der peinlichen Situation, in einem solchen Dialog auch Wahrheiten bekennen zu müssen, die man unter der Haube des professionellen Verbands-Islams erfolgreich verschweigen konnte.

Sicherlich kann man nur wenigen Moscheen in diesem Zusammenhang die oft von Islamkritikern in Stellung gebrachte Taqiya vorwerfen (wobei dieses schiitische Stilmittel mittlerweile auch bei einigen „Sunniten“ Anklang zu finden scheint), aber trotz alledem ist man dazu übergegangen, bestimmte religiöse Wahrheiten und Termini aus den Predigten und Unterrichten zu verbannen, damit die Anerkennung durch Staat und Gesellschaft nicht ins Wanken geraten kann. Denn der Vorwurf, dass in einer Moschee „islamistisches“ oder gar „salafistisches“ Gedankengut Erwähnung findet, kommt einem gesellschaftlichem Todesurteil gleich. Und wird ein solcher Vorwurf nicht schnellstens entkräftet oder die Quelle der „Missetat“ öffentlichkeitswirksam aus den Räumlichkeiten der Moschee verbannt, droht ein gewaltig inszenierter medialer Spießrutenlauf, der für die Zukunft des Vereins bedeutet, dass er ab sofort geheimdienstlich beobachtet wird und seine Besucher sich von nun an verdächtig machen.

In diesem Milieu aus Druck und Zwang kann kein ehrlicher und fruchtbarer Dialog entstehen. So lange man nur über – und nicht mit – den sogenannten „Salafisten“ redet, erreicht man damit am Phänomen überhaupt gar nichts. Die Aufrichtigkeit einer Handlung hängt nun einmal zwingend mit seiner Freiwilligkeit zusammen. Zudem darf ein innerislamischer Dialog keinen Wert auf die Beurteilung durch Außenstehende (Nichtmuslime) legen.

Wenn der „Salafismus“ wirklich derart falsch ist und der Mehrheits-Islam in Deutschland wirklich so korrekt und fundiert, dann dürfte es doch kein Problem darstellen, unter Aufbringung geeigneter Autoritäten und Quellentexte, eine problemlose Klärung zu verschaffen.

Die Realität sieht aber anders aus. Was von säuselnden Verbandsapparatschiks bei öffentlichen Verlautbarungen gern als unwissender Laienprediger gescholten wird, hat für deutsche Verhältnisse leider ein recht professionellen Detailwissen im Aufgebot. Imame mit Studium und Abschluss kennen nur die wenigsten Moscheegemeinden. Dort aber, wo es sie gibt, sind sie Auslands-Importe und in ihrer Freizügigkeit nicht selten durch ausländische Religionsbehörden oder mächtige Verbände ebenso beschnitten, wie durch mangelnde Sprachkenntnisse und kulturelle Fremde.

So wächst also unsere „salafistische“ Gemeinde immer weiter und weiter, mit all ihren (durchaus auch negativen) Seiten und Erscheinungsformen, bis Deutschlands Muslime endlich wieder selbstbewusst werden und sich in der Lage sehen wieder miteinander anstatt über- und gegeneinander zu reden.

Das jedoch dürfte noch eine Weile dauern …

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Über Jens Yahya Ranft

Jens Yahya Ranft, Jahrgang 1975, verheiratet, 3 Kinder, Geschäftsführer und Prokurist in einem kleinen deutsch-arabischen Unternehmen. Urheber dieses Blogs. Liest und publiziert vor allem in den Bereichen Staats- und Religionsgeschichte, (Sozio-)Ökonomie, politische Philosophie und Soziologie.

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