Den Beweggrund für den Drang nach Übernahme des fremden Wissens erklärte der deutsch-amerikanische Orientalist Franz Rosenthal im Jahre 1965 mit folgenden Worten:
«Vielleicht wären weder der praktische Utilitarismus, der den Muslimen die Bekanntschaft mit der Medizin, der Alchemie, mit den exakten Wissenschaften wünschenswert erscheinen ließ, noch der theoretische Utilitarismus, der sie veranlaßte, sich mit philosophisch-theologischen Fragen zu beschäftigen, zur Fundierung einer ausgedehnten Übersetzungstätigkeit ausreichend gewesen, wenn die Religion Muhammads nicht von Anfang an die Rolle des Wissens (‚ilm) als Haupttriebkraft des religiösen und damit des gesamten menschlichen Lebens in den Vordergrund gestellt hätte […] Ohne diese dem Islam von Haus aus eigene Zentralstellung, ja gewissermaßen religiöse Verehrung des ‹Wissens› wäre die Übersetzungstätigkeit vermutlich weniger wissenschaftlich, weniger ausgreifend gewesen und hätte sich wohl viel mehr auf das unbedingt Zwecknotwendige beschränkt, als es tatsächlich der Fall gewesen ist.»
(zitiert aus: Fuat Sezgin, Wissenschaft und Technik im Islam, Bd.1, S.5)